Hier finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zu ESG
Das Ziel eines ESG-Zertifikats im Kontext der CSRD ist es, die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens in den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) transparent und vergleichbar zu machen. Es dient dazu, den Stakeholdern – einschließlich Investoren, Kunden, Mitarbeitern und der breiten Öffentlichkeit – verlässliche Informationen über die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft sowie über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsfaktoren auf das Unternehmen selbst zu liefern. Die CSRD als EU-weite Richtlinie zielt darauf ab, die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu vereinheitlichen, Greenwashing zu verhindern und die Verlagerung von Kapital in nachhaltige Aktivitäten zu fördern. Das ESG-Zertifikat, basierend auf den Anforderungen der CSRD und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), soll somit die Rechenschaftspflicht von Unternehmen erhöhen und zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen.
Die CSRD erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland erheblich. Die Einführung erfolgt in vier Stufen:
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Ab 2025 (für das Geschäftsjahr 2024): Unternehmen, die bereits unter der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) berichtspflichtig waren. Dies betrifft große börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Beschäftigten.
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Ab 2026 (für GJ 2025): Alle übrigen großen Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Schwellenwerte überschreiten: Bilanzsumme > 20/25 Mio. €, Nettoumsatz > 40/50 Mio. €, > 250 Mitarbeiter. Dies umfasst erstmals auch nicht-börsennotierte Großunternehmen.
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Ab 2027 (für GJ 2026): Kapitalmarktorientierte KMU (kleine und mittlere Unternehmen), wobei Micro-Unternehmen ausgenommen sind. Börsennotierte KMU haben ein Opt-out bis GJ 2027.
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Ab 2029 (für GJ 2028): Bestimmte Nicht-EU-Unternehmen mit signifikanter Geschäftstätigkeit in der EU (Umsatz > 150 Mio. € in der EU und entweder eine große EU-Tochtergesellschaft oder eine EU-Zweigniederlassung mit > 50 Mio. € Umsatz).
Die formale Umsetzung der CSRD in deutsches Recht verzögert sich aktuell (April 2025), die Berichtspflichten gelten jedoch rückwirkend für die bereits begonnenen Geschäftsjahre, sobald das Umsetzungsgesetz in Kraft tritt (voraussichtlich Anfang/Mitte 2025).
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Die "doppelte Wesentlichkeit" ist ein Kernprinzip der CSRD und bedeutet, dass Unternehmen zwei Perspektiven bei der Bewertung ihrer Nachhaltigkeitsthemen berücksichtigen müssen:
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Impact Materiality (Innenperspektive): Wie wirken sich die Aktivitäten des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft aus (z.B. CO₂-Emissionen, Arbeitsbedingungen in der Lieferkette)?
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Financial Materiality (Außenperspektive): Wie wirken sich Nachhaltigkeitsfaktoren (z.B. Klimawandel, Ressourcenknappheit) auf die finanzielle Lage, die Performance und die Entwicklung des Unternehmens aus?
Dieses Prinzip ist wichtig, weil es einen umfassenden Blick auf die Relevanz von Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen und seine Stakeholder erfordert. Es geht nicht nur darum, wie das Unternehmen durch Nachhaltigkeit beeinflusst wird, sondern auch darum, welche Auswirkungen das Unternehmen selbst verursacht. Nur Aspekte, die nach dieser doppelten Wesentlichkeitsanalyse als bedeutsam identifiziert werden, müssen im Nachhaltigkeitsbericht offengelegt werden. Die Durchführung einer solchen Analyse wird damit zu einem verpflichtenden Bestandteil des Berichtsprozesses.
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Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisieren die inhaltlichen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD. Sie decken ein breites Spektrum an Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen ab, darunter:
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Umwelt (Environmental): Klimawandel und Treibhausgasemissionen (Scope 1, 2, 3), Energieverbrauch und -effizienz, Nutzung erneuerbarer Energien, Ressourcenmanagement und Kreislaufwirtschaft (Materialverbrauch, Recycling, Abfall), Wassermanagement, Biodiversität und Ökosysteme.
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Soziales (Social): Mitarbeiter und Arbeitsbedingungen (Diversität, Chancengleichheit, Inklusion, Gesundheit und Sicherheit, Aus- und Weiterbildung), Menschenrechte und ethische Standards (Lieferkettenverantwortung, Umgang mit Zwangs- und Kinderarbeit), gesellschaftliches Engagement (Unterstützung lokaler Gemeinschaften, Corporate Volunteering), Kundenzufriedenheit und Produktverantwortung (Verbraucherschutz, Produktsicherheit, Datenschutz).
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Unternehmensführung (Governance): Corporate Governance (transparente Führungsstrukturen, Compliance, Vergütungspolitik), Nachhaltigkeitsstrategie und Risikomanagement (Integration von Nachhaltigkeit in Geschäftsprozesse, Management von ESG-Risiken), Transparenz und Berichterstattung (Offenlegungspflichten, KPIs, ESG-Ratings), Stakeholder-Management und Dialog (Einbindung von Stakeholdern).
Unternehmen müssen sowohl qualitative als auch quantitative Informationen zu Zielen, Strategien, Maßnahmen und Kennzahlen in diesen Bereichen offenlegen, basierend auf der durchgeführten doppelten Wesentlichkeitsanalyse.
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Gemäß der CSRD ist der Nachhaltigkeitsbericht als integraler Bestandteil des Lageberichts zu erstellen (inklusive Konzernlagebericht). Dies bedeutet, dass er derselben Struktur wie der Lagebericht folgt und von den verantwortlichen Organen (Aufsichtsrat, Geschäftsleitung) verantwortet und abgezeichnet werden muss. Diese Integration soll sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsinformationen eng mit der Finanzberichterstattung verknüpft werden und die Wechselwirkungen zwischen ESG-Faktoren und finanzieller Performance deutlich werden. Zudem müssen die Berichte in einem einheitlichen elektronischen Format (voraussichtlich XBRL-Taxonomie gemäß ESEF-Verordnung) erstellt und über das kommende europäische Zugangssystem (European Single Access Point) öffentlich zugänglich und durchsuchbar sein.
Die Einhaltung der ESG-Berichtspflichten wird durch verschiedene Mechanismen sichergestellt:
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Abschlussprüfung: Der Nachhaltigkeitsbericht ist Teil des Lageberichts und unterliegt daher der externen Prüfungspflicht durch Wirtschaftsprüfer (anfangs mit begrenzter, mittelfristig mit angemessener Sicherheit).
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Behördliche Aufsicht: In Deutschland prüft die BaFin die Nachhaltigkeitsberichte kapitalmarktorientierter Unternehmen. Auch für nicht-börsennotierte Unternehmen gibt es Kontrollmechanismen hinsichtlich der Offenlegungspflichten.
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Sanktionen: Die CSRD selbst sieht keine spezifischen neuen Strafen vor, die bestehenden Sanktionsregeln des HGB greifen jedoch. Unrichtige oder irreführende Angaben können als Bilanzdelikt geahndet werden (Geld- oder Freiheitsstrafen für Unternehmensleiter). Zudem drohen Ordnungsgelder bei fehlender oder nicht rechtzeitiger Einreichung des Berichts. Verstöße können auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche von Stakeholdern begründen.
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Die EU-Taxonomie und die SFDR sind eng mit der CSRD-Berichterstattung verbunden und bilden gemeinsam einen umfassenden Rechtsrahmen für nachhaltige Finanzen.
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EU-Taxonomie: Definiert ein EU-weit einheitliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Unternehmen, die der CSRD unterliegen, müssen gemäß Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung bestimmte Kennzahlen (z.B. Anteil von Umsatz, Investitionen und Betriebsausgaben, der taxonomiefähig bzw. -konform ist) in ihrem Nachhaltigkeitsbericht offenlegen.
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SFDR: Verpflichtet Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu ESG-Offenlegungen über Finanzprodukte. Die durch die CSRD/ESRS bereitgestellten Unternehmensdaten sind für Finanzmarktteilnehmer unerlässlich, um ihre eigenen Offenlegungspflichten gemäß SFDR zu erfüllen (z.B. Angaben zu Nachhaltigkeitsrisiken und negativen Auswirkungen von Investitionen).
Somit schafft die CSRD die notwendige Datengrundlage für die Taxonomie und die SFDR, wodurch ein kohärentes System von Offenlegungen im Bereich nachhaltiger Finanzen entsteht. Unternehmensberichte nach CSRD/ESRS liefern die Informationen, die für die Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit (Taxonomie) und die Offenlegung auf Ebene der Finanzprodukte (SFDR) benötigt werden.
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